Wie begünstigt ein agiles Mindset Innovation?

Design Thinking, Scrum, Kanban: Viele Methoden und Frameworks werden mit dem Konzept des agilen Arbeitens in Verbindung gebracht. Laut Johannes Gädicke, der bei Boehringer Ingelheim für dieses Thema verantwortlich ist, ist Agilität jedoch vor allem eine Frage des Mindsets. Mehrere Initiativen in unserem Unternehmen verdeutlichen, wie das konkret aussehen kann.

Stellen Sie sich vor, Sie malen für jemanden ein Bild. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Sie das tun können: Sie können es von oben nach unten malen, die erste Version ist die finale. Nachdem Sie fertig sind, zeigen Sie das Bild Ihrem Auftraggeber zum ersten Mal. So funktioniert grundsätzlich das traditionelle Waterfall-Modell im Bereich Projektmanagement.

Es gibt jedoch auch einen zweiten Weg. Sie könnten zuerst nur eine einfache Skizze, einen Prototypen, erstellen, den Sie dann direkt Ihrem Kunden zeigen. Auf Basis von dessen Feedback bearbeiten und verfeinern Sie die Skizze, fragen Ihren Auftraggeber erneut um dessen Meinung – und Sie wiederholen diesen Arbeitsablauf wieder und wieder. Dieser iterative Entwicklungsansatz macht das agile Modell aus.

Agile

Agiles Arbeiten bedeutet Kollaboration, Kundenzentrierung und schnelle Lernzyklen. Wir bei Boehringer Ingelheim begrüßen diesen Ansatz. Den Status Quo durch Rückmeldungen von Patienten und Kollegen immer wieder herauszufordern ist von großer Bedeutung, um das Leben von Mensch und Tier zu verbessern und auf die Bedürfnisse von Kollegen einzugehen. Für Johannes Gädicke besteht Agilität dabei nicht in erster Linie aus einem Methoden-Portfolio: „Entscheidend ist ein wahrhaft agiles Mindset und nicht, bisherige Methoden durch neue auszutauschen.“

Zahlreiche Initiativen bei Boehringer Ingelheim basieren auf einer agilen Denkweise. In diesem Artikel stellen wir drei vor.

Mounika Datla leitet die Agile Project Management Community of Practice und das IT Scrum Master Chapter.
Mounika Datla leitet die Agile Project Management Community of Practice und das IT Scrum Master Chapter.

Information Technology (IT): Empowerment durch Kollaboration

„Gemeinsam mit unseren Kollegen außerhalb von IT befinden wir uns in einer agilen Transformation", sagt Mounika Datla. Mounika ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Wandels: Sie leitet unter anderem die Agile Project Management Community of Practice (COP).

Die neuen COPs bereichern die IT-Landschaft bei Boehringer Ingelheim. "Sie sind im Grunde genommen Gruppen von Menschen, die Interessen und Fähigkeiten im gleichen Bereich haben, völlig unabhängig von den eigentlichen Abteilungsstrukturen und nicht auf die IT beschränkt", sagt Mounika. Viele Kollegen haben bereits die Initiative ergriffen und Communitys of Practice gebildet, die sich zum Beispiel mit Datenmodellierung, Smart Workspaces oder Data Engineering beschäftigen. „Wir teilen Wissen und lösen Probleme funktionsübergreifend - und sobald wir unser Ziel erreicht haben, beenden wir unsere Zusammenarbeit als jeweilige COP."

Bei der agilen Transformation der IT geht es um Zusammenarbeit, aber auch um Befähigung. Agile Boot Camps und Product-Owner-Trainings für Kollegen innerhalb und außerhalb der IT werden von der Agile Project Management COP organisiert. Nach Ansicht von Mounika sind diese Fortbildungen der Schlüssel zur Förderung der Zusammenarbeit und zu noch besseren Ergebnissen durch ein agiles Mindset: „Schlussendlich wird es sich ganz normal anfühlen, auf diese Art und Weise zusammenzuarbeiten." 

Meike Bremmer ist als Agile Coach Teil des agilen Start-ups BI Hive.
Meike Bremmer ist als Agile Coach Teil des agilen Start-ups BI Hive.

BI Hive: Selbstorganisierte Nutzerzentriertheit

Noch bessere Ergebnisse: Meike Bremmer ist fest davon überzeugt, dass diese durch ein kundenzentriertes Mindset erreicht werden können. Meike wurde vor einem Jahr Agile Coach und ist Teil von BI Hive, einem agilen Start-up innerhalb von Boehringer Ingelheim. „Wir geben Input aus der Nutzerperspektive“, sagt sie.

BI Hive wurde im Januar 2021 gegründet und ist Teil des Bereichs Launch & Innovation, jedoch völlig selbstorganisiert. Gemeinsam mit einem unterstützenden Netzwerk aus Experten und Studierenden berät das Kernteam über Projektanfragen aus verschiedenen Abteilungen. Dabei stellen sie sich stets die Frage: Machen hier agile Methoden überhaupt Sinn? „Der alte Weg ist nicht automatisch der schlechtere“, betont Meike.

Die richtigen Fragen zu stellen ist für BI Hive von zentraler Bedeutung, um die Bedürfnisse ihrer Projektkunden zu identifizieren. Als das Team gefragt wurde, wie man auf den Werksgeländen ein schnelles und umweltfreundliches autonomes Catering verwirklichen könne, arbeiteten sie mit Design-Thinking-Methodik heraus, dass die entscheidende Frage folgende war: Wie können wir Essen zu unseren Kollegen bringen, die zuhause arbeiten? Das Ergebnis: Die Pilotphase eines Lieferdiensts der Ingelheimer Wirtschaftsbetriebe, in einer Phase der COVID 19-Pandemie, in der viele Kollegen ausschließlich mobil arbeiteten.

Sei es der Lieferdienst-Pilot oder innovative Lösungen im Produktionsbereich: Laut Meike wird BI Hive auch weiterhin auf der Basis agiler Prinzipien wertvolle Akzente in unserem Unternehmen setzen.

Iryna Smorodinova leitet das BI X Agile Coaching Chapter.
Iryna Smorodinova leitet das BI X Agile Coaching Chapter.

BI X: Schnelle Lernzyklen durch gegenseitige Unterstützung

Jeder kann innovativ sein! Das ist die Überzeugung von Iryna Smorodinova. Iryna leitet das Agile Coaching Chapter von BI X, dem Digitallabor von Boehringer Ingelheim an den Standorten Ingelheim und Shanghai. In enger Zusammenarbeit mit anderen Kollegen entwickelt BI X bahnbrechende digitale Gesundheitslösungen, von der Idee bis zur Testphase.

Woher sollen diese Ideen aber kommen? Während BI X ursprünglich ausschließlich die Geschäftsbereiche von Boehringer Ingelheim Ideen erarbeiten ließ, entschied sich das Team schließlich für einen anderen Ansatz: die Demokratisierung der Ideenbildung. „Wenn wir wirklich glauben, dass jeder innovativ sein kann, müssen wir aufhören, Innovationsfähigkeit als ein besonderes Geschenk oder Privileg anzusehen, und selbst loslegen“, meint Iryna.

Die Basis hierfür wurde die gegenseitige Unterstützung in der Ideenfindungsphase und das darauffolgende, zeitnahe Herausfordern der neuen Ideen. In wöchentlichen, halbstündigen Meetings mit Scouts aus dem BI-X-Ideation-Team sowie durch andere Formate wie den allmonatlichen Innovation Friday werden die neuen Ideen geprüft und ausprobiert. Iryna: „Das führt zu schnellen Lernzyklen, durch die wir rasch erkennen können, ob eine Idee Potenzial hat. Dass wir uns hierbei gegenseitig unterstützen, führt zu verschiedenen Perspektiven und steigert bei allen die Motivation.“

Das Ergebnis: Von den im Dezember 2021 vorgestellten Ideen kamen bereits mehr als 40 Prozent von BI X-Kollegen. Laut Iryna bedarf es für Innovation lediglich eines festgelegten sicheren Raumes, in dem man auf neue Ideen kommen und diese ohne Angst zu scheitern ausprobieren kann. Und die Kollegen von BI X können stolz auf ihre Errungenschaften sein: Eines ihrer Produkte ist derzeit in der Pilotphase, eines hat den Status eines Minimum Viable Product und eines stoßen sie noch diesen Sommer an.