Noch ist es Neuland: Teams im Tandem zu führen, also mit zwei Teilzeitstellen, bietet enorme Vorteile. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Unternehmen und Gesellschaft. Caroline Zimmermann und Julia Klanke teilen sich die Teamleitung CMC Expert Operations und haben sich dabei einen Tag lang vom IGBCE-Mitgliedermagazin „Profil“ begleiten lassen. Dabei herauskommen ist eine spannende Reportage, die Einblicke in ein besonderes Arbeitsmodell bietet.
Was für ein Zusammenspiel. Sie wiederholen nicht, was die andere sagt, stimmen nicht zu, lehnen nicht ab. Nicht mit Gesten, nicht mit Worten. Sie kommentieren einander nicht. Sie lassen stehen. Was eine sagt, gilt.
Entscheidungen mittragen – das ist der Schlüssel. So interagiert das Duo effizient und unglaublich angenehm. Caroline Zimmermann und Julia Klanke führen ein zwölfköpfiges Team im Produktmanagement bei Boehringer Ingelheim. Als Jobtandem sind sie gleichberechtigt in der Verantwortung. Jede arbeitet sechzig Prozent.
Zimmermann, 37 Jahre alt, Apothekerin, und Klanke, 39, Biomedizinische Chemikerin, stiegen gemeinsam auf, während sie in Elternzeit waren. Ihr Chef Philipp Huber hatte beiden unabhängig voneinander dieselbe Führungsposition angeboten. Klanke und Zimmermann kannten sich: „Wir wussten, wie gut wir zusammen funktionieren“, sagt Zimmermann. Die Frauen stimmten sich ab und präsentierten Huber ihre Idee: „Willst Du nicht uns beide als Tandem?“ Das sei erst einmal „Denksport für unseren Chef“ gewesen. Aber Huber setzt auf innovatives Arbeiten. Er gibt beiden Frauen Rückendeckung und Freiheiten.
Keine Dopplung
Das Führungstandem teilt sich produktspezifisch auf. „Effizienz heißt: so wenig wie möglich zu doppeln“, sagt Klanke. Beide nutzen zehn Prozent ihrer Arbeitszeit für Überschneidungen. Das war‘s. Lediglich den Jour fixe mit Huber, den Teamleitern und das Teammeeting nehmen sie gemeinsam wahr. Zeitlich bauen sie auf Flexibilität. Sie sind mit dem Team dienstags im Büro. Beide arbeiten bis 15 Uhr. Sie sind auch danach erreichbar. „Das nutzt aber nur selten jemand, denn wir sind meist schon im Vorfeld sehr gut abgestimmt“, berichtet Klanke.
„Mein Hauptgrund für das Tandem ist Julia“, sagt Zimmermann. „Wir hatten Lust auf das Modell und eine realistische Einschätzung.“ Das sei wichtig. Genauso wie eine Unternehmenskultur, in der man gut miteinander umgehe. Loyalität sei elementar für neue Führungsmodelle.
„Tempo ist wichtig. Darin sind wir gut. Denn eine kann für beide entscheiden. Weil wir wissen, was der anderen wichtig ist, müssen Entscheidungen nicht infrage gestellt werden,” beschreibt Zimmermann den Kern der Zusammenarbeit. „Wir arbeiten mit dem Erreichten des anderen weiter und steigern dadurch die Produktivität - das Tandem ist so in allen Punkten ein Gewinn: Wir sind stärker gemeinsam, beflügeln uns gegenseitig und kommen schneller weiter." Jede hat dank der anderen Raum für Sonderthemen, Klanke zum Beispiel im Themenbereich Künstliche Intelligenz. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Tandems im Trend
Denise Hottmann, Head of Diversity, Equity & Inclusion Germany bei Boehringer Ingelheim oder wie sie sagt Vielfaltsmanagerin, sieht Führungstandems als wichtige Lösung, um die unterschiedlichen Anforderungen verschiedener Lebensphasen zu überbrücken. Ein Ansatz, der auch betriebsratsseits begrüßt wird. Betriebsratsvorsitzende Sibylle Anhorn: “Essentiell bei diesen Modellen sind im Einzelfall die Motivation und die Unterstützung der Führungskraft und des gesamten Umfelds.“ Rahmenbedingungen dafür hat die Firma gemeinsam mit den Betriebsratsgremien längst geschaffen. Seit 2017 ist Boehringer Ingelheim aktives Mitglied der Charta der Vielfalt, mit der sich Unternehmen zu Diversität in der Arbeitswelt bekennen; seit 2015 gibt es zudem einen 10-Punkte-Plan für mehr Frauen in Führung. "Unsere Teilzeit- und Tandemmodelle stehen allen Mitarbeitenden offen,” betont Hottmann.
Die meisten Führungskräfte reduzierten befristet. Einzelführung benötige vollzeitnahe Präsenz. Sechzig Prozent hingegen sei für Tandems die beste Option. Zur groben Einordnung: Bei Boehringer Ingelheim in Deutschland arbeiten sieben Prozent der gut zweieinhalbtausend Führungskräfte in Teilzeit; 21 Prozent von ihnen sind Männer. Tandems sind nicht extra erfasst.
Deren Vorteile für Unternehmen liegen auf der Hand. Talente kommen und bleiben dank Entwicklungsoptionen in allen Lebensphasen, und es gibt nahezu keine Ausfälle, denn Urlaubs- und Krankenzeiten sind abgedeckt. Zufriedenheit und Gesundheit des Einzelnen kommt allen zugute. Aber das Potenzial der Tandems geht weit darüber hinaus.
Die vollständige Reportage zum Nachlesen gibt es in der aktuellen Ausgabe des IGBCE Profil-Magazins.