Wie helfen unsere Spenden für die Ukraine?

Der Krieg in der Ukraine verursacht weiterhin für Leid und Not. Das Polnische und das Deutsche Rote Kreuz – auch unterstützt mit Spenden von uns – helfen nach Kräften. Wie vielfältig die Unterstützung für die Menschen aus der Ukraine ist, und warum der Winter den Helfern große Sorgen bereitet, erfuhren wir bei einem Besuch an der polnisch-ukrainischen Grenze.

Es ist die zweite Nacht in Folge, in der Kateryna Afanasenko kein Auge zubekommt. Sirenen heulen, ihre drei Kinder weinen ununterbrochen. Als wieder eine Detonation erfolgt, zittern ihre beiden jüngsten Söhne vor Angst am ganzen Körper. Der Krieg ist plötzlich ganz nah. Für Kateryna ist klar: So kann es nicht weitergehen. Noch am nächsten Morgen, es ist der 26. Februar, packt die junge Mutter das Nötigste für sich und ihre Kinder zusammen, und steigt mit ihrem Nachwuchs in einen Zug nach Westen. Sie flüchten aus der Ukraine. Ihr Ziel: Rzeszów in Ost-Polen, unweit der ukrainisch-polnischen Grenze.

„Dort lebten entfernte Verwandte von uns, bei denen wir die ersten Nächte untergekommen sind“, sagt Kateryna heute, gut zehn Monate nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine. Die ersten Tage seien hart gewesen, erinnert sie sich. Sie hätten ihr Zuhause vermisst, ihre Freunde und Nachbarn. Und vor allem auch ihren vier Jahre alten Hund, den sie zurücklassen mussten, und den Nachbarn aufgenommen hätten. Ihre Stimme bricht ab, sie dreht sich weg, als sie an die ersten Kriegstage zurückdenkt.

Inzwischen lebt die Ukrainerin mit ihren drei Kindern in einer eigenen kleinen Wohnung in Zamość, 250 Kilometer südöstlich von Warschau. Wir treffen sie in einem Integrationszentrum des Polnischen Rotes Kreuz; soeben endete ihr Polnisch-Unterricht. Ihre Sprachkenntnisse würden reichen, um nach dem Weg zu fragen oder einkaufen gehen zu können, sagt sie. „Aber ich muss noch besser werden.“

Hilfe für Flüchtende aus der Ukraine

Seit August bietet die örtliche Vertretung des Polnischen Roten Kreuz täglich Sprachkurse für Geflüchtete an – und baut damit sein Hilfsangebot beständig weiter aus. „Noch immer ist die Erstversorgung der Geflüchteten an der Grenze eine Hauptaufgabe von uns“, sagt Viktoria Krasun, Koordinatorin des Integrationszentrums. Darüber hinaus gäbe es aber auch immer mehr Ukrainer, die in Polen sesshaft geworden sind, und in die Gesellschaft integriert werden müssen. „Oberstes Ziel ist es, dass sich die Geflüchteten bei uns sicher und wohl fühlen – und dass sie, auch mit unserer Hilfe, perspektivisch auf eigenen Beinen stehen.“ So bietet das Polnische Rote Kreuz Sprachkurse an, vermittelt Wohnungen und hilft bei der Jobsuche.

Boehringer Ingelheim unterstützt die Bemühungen seit März per monatlicher Spende (siehe Infobox). So soll den Ukrainern in ihrer großen Not geholfen werden – nachhaltig und dauerhaft. Denn der Krieg und das Leid sind noch lange nicht beendet.

So gibt es Geflüchtete wie Kateryna und ihre Familie, die dabei sind, sich in Polen ein neues Leben aufzubauen. Aber auch immer wieder Neuankommende, die frisch aus dem Kriegsgebiet kommen.

Grenzbahnhof Przemyśl, am Mittwoch um 15:40 Uhr. Mit knapp 30 Minuten Verspätung trifft der Zug aus Saporischschja (Ost-Ukraine), auf dem komplett umzäunten Gleis 5, ein. Mehr als 250 Geflüchtete werden in einen schmucklosen, gelben Bau zur Pass- und Zollkontrolle geführt. Minuten später sind sie offiziell in Polen, und in Sicherheit.

Auf ein paar Geflüchtete warten Angehörigen mit bunten Ballons und Blumen. Es wird sich umarmt, Freudentränen fließen. Für andere – wie Natalia und Alexander - geht es weiter gen Westen. Die beiden tragen rote Jogginganzüge und Turnschuhe, sie sind gerade erst volljährig. „Die Kämpfe im Osten wurden immer bedrohlicher. Zuletzt fiel der Strom aus. Wir wollen nicht mehr in Angst leben, reisen weiter zu Freunden nach Kattowice“, erklären sie.

Immer mehr Ankommende in Polen

Ukrainische Kinder haben im Transit Center Bilder gemalt.
Ukrainische Kinder haben im Transit Center Bilder gemalt.

Der Großteil der Neuankömmlinge aber hat keine Anlaufstelle; auf sie warten die Helfer des Polnischen Roten Kreuz – und lotsen sie zu Anna Miśniak. Sie leitet das so genannte Transit Center des Roten Kreuz, zehn Minuten vom Bahnhof entfernt. Bis zu 1200 Feldbetten stehen hier in einem ehemaligen Großhandel bereit. Zusätzlich gibt es in einer Cafeteria kostenlos warme Mahlzeiten, in einem Ärztezimmer werden Patienten mit Kopfschmerzen und Bluthochdruck behandelt. Kinder und Jugendliche toben in einem Spielezimmer; in einer Ecke malen zwei Sprösslinge bunte Bilder. „Unsere Transit Center sind für viele Geflüchtete die erste Station ihrer Reise“, sagt Anna. „Wir geben ihnen ein Schlafplatz, versorgen sie – und vermitteln sie innerhalb von 48 Stunden weiter in andere Städte und Gemeinden.“ In Przemyśl fehlt es nämlich längst an Wohnraum. Mehr als 10.000 Ukrainer, so schätzt Anna, hätten sich inzwischen in der Kleinstadt mit ehemals 60.000 Einwohnern niedergelassen. Die Kapazitäten seien mehr als erschöpft.​​​​​​

Und doch kommen täglich mehrere Hunderte Ukrainer in der Grenzstadt im Osten Polens an. Anna und das Polnische Rote Kreuz fürchten, dass es im Winter noch viele mehr werden. „In vielen Orten in der Ukraine ist die Infrastruktur beschädigt oder zerstört. Viele Haushalten können nicht mehr heizen, es fehlt am Nötigsten.“ Und so rechnet das Rote Kreuz damit, dass in den kommenden Wochen und Monaten bis zu 750.000 weitere Ukrainerinnen und Ukrainer ihr Land verlassen könnten.

Um halbwegs gewappnet zu sein, versucht Maciej Budka alles, um die Lager des Polnischen Roten Kreuz zu füllen. Er bittet Nahrungsmittelhersteller um Lebensmittelspenden, versucht Zelte und Matratzen zu organisieren, und fragt die internationalen Kollegen nach Hygiene-Kits. Beim Gang durch die 5000 Quadratmeter große Lagerhalle am Rande der Großstadt Lublin prüft er kritisch den Bestand. „Wir haben eine große Lieferung an Schlafsäcken bekommen“, sagt er und zeigt auf große blaue Säcke. Einen Gang weiter schneidet Maciej mit einem Teppichmesser einen braunen Karton auf und holt Seifenspender heraus. Er nickt nachdenklich. Insgesamt sei der Bestand besser als zu Kriegsbeginn. Ob es aber reicht? Maciej ist skeptisch. „Es gibt nie genug. Die Not ist einfach zu groß.“ Derzeit fehle es vor allem an Generatoren. Auch habe die Spendenbereitschaft nachgelassen. „Nach zehn Monaten Krieg sinkt die Aufmerksamkeit für den Konflikt.“

Umso dankbarer ist Maciej für jede Spende und jeden Helfer. „Es gibt viel zu tun, die nächsten Monate werden hart – auf beiden Seiten der Grenze.“

Zu jenen, die sich ehrenamtlich engagieren, gehört inzwischen auch die geflüchtete Dreifachmutter Kateryna. Sie ist gelernte Friseurin – und schneidet ihren Mitstreiterinnen aus dem Sprachkurs nach dem Unterricht in den Räumen des Roten Kreuz auf Wunsch gratis die Haare. Warum? „Ich habe viel Hilfe bekommen und weiß, wie groß die Not ist. Mir geht es heute besser. Jetzt kann ich helfen. Jede Geste zählt.“

Weitere Informationen

Der anhaltende Krieg in der Ukraine berührt uns alle bei Boehringer Ingelheim sehr. Unsere Gedanken sind bei unseren Kolleginnen und Kollegen, ihren Familien und allen Ukrainerinnen und Ukrainern. Wir haben uns verpflichtet, denjenigen zu helfen, die in Not sind, und diejenigen zu unterstützen, die helfen. Wir als Unternehmen haben in den ersten Tagen des Krieges eine erste finanzielle Spende in Höhe von 2,5 Millionen Euro an Nothilfeorganisationen geleistet. In dem Wissen, dass nicht nur initial Unterstützung nötig ist, haben wir uns zudem dazu entschlossen, beginnend im März 2022, zwölf monatliche Zahlungen von jeweils einer Million an die polnischen und deutschen Rotes-Kreuz-Organisationen zu leisten. Im März 2023 haben wir entschieden, die Unterstützung um ein weiteres Jahr zu verlängern.

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