Langfristige Partnerschaften zum Wohle der Patienten
Partnerschaften gewinnen für Boehringer Ingelheim überall im Unternehmen immer mehr an Bedeutung. Professor Dr. Dorothee Bartels ist in den vergangenen Monaten für das Unternehmen durch die USA gereist, um intensive Kontakte zu Ärzten, Gesundheitsorganisationen und Versicherungen zu knüpfen. Das Fazit der Epidemiologin: „Die Zusammenarbeit muss heute viel früher beginnen als noch vor ein paar Jahren – das Ziel sind echte, vertrauensvolle und langfristige Partnerschaften.“
Frau Professor Bartels, was genau ist heute anders als früher?
PROF. BARTELS Früher haben wir als Pharmaunternehmen mit Krankenversicherungen oder Apothekern erst kurz vor der Markteinführung eines Medikaments gesprochen – und dann meist über kaufmännische Fragen wie die der Preisgestaltung. Heute beginnen vertrauensvolle Partnerschaften mit Diskussionen über die Erkrankung und nicht über das Produkt an sich. Nur so können wir als Partner bestmöglich unser gemeinsames Ziel verfolgen: kranken Menschen mit den für sie individuell am besten geeigneten Medikamenten zu helfen.
Woran merken Pharmaunternehmen diesen Wandel in der Praxis?
PROF. BARTELS Kostenträger wollen heute nicht mehr pro Arztbesuch oder pro Verschreibung eines Medikamentes zahlen. Ihr Kriterium ist mehr und mehr die Qualität, also ob eine Behandlung erfolgreich war. Das bedeutet für die Beziehung zu Pharmaunternehmen: Statt über die reinen Mengen, also über Rabatte, verhandeln Kostenträger heute über Erstattungen in Abhängigkeit von der Wirksamkeit und Sicherheit eines Präparats im klinischen Alltag. So genannte wertbasierte Verträge sind also auf dem Vormarsch. Das ist ein Paradigmenwechsel: „from volume to value“.
ist seit 2010 globale Leiterin für Epidemiologie bei Boehringer Ingelheim. Sie hat ein Masterstudium der Epidemiologie an der Harvard School of Public Health in den USA absolviert und an der Medizinischen Hochschule Hannover, Deutschland, promoviert und habilitiert. Sie ist dort heute noch Professorin für Epidemiologie und Public Health und seit 2013 Gastprofessorin an der kanadischen McGill University.
Welche Rolle spielt hier die personalisierte Medizin?
PROF. BARTELS Eine ganz entscheidende. Es geht heute verstärkt um die Frage: Welchem individuellen Patienten können wir mit welchem Medikament am besten helfen? Das ist ja auch der Hauptgrund, warum die Zusammenarbeit zwischen Kostenträgern und Pharmaunternehmen heute viel früher beginnen muss. Bislang hatten Patienten häufig einen langen Leidensweg hinter sich, bevor – wenn überhaupt – das passende Medikament gefunden war. Das ist sehr belastend, kann womöglich lebensbedrohlich für den Patienten sein und ist auch sehr teuer für den Krankenversicherer. Heute versuchen wir, sehr frühzeitig gemeinsam Patientengruppen zu charakterisieren, um individuelle Therapien anbieten zu können. Hier kommt die Analyse von Daten aus dem klinischen Alltag ins Spiel, die bereits vor der Zulassung verfügbar sind, so genannte Real- World-Daten. Sie stammen beispielsweise aus Krankenakten oder Abrechnungsdatenbanken. So ist es vor der Markteinführung möglich, Patienten mit medizinischem Bedarf zu identifizieren und charakterisieren.
Dafür haben wir zum Beispiel dieselbe Analyseplattform lizenziert wie Humana, der fünftgrößte sogenannte Health Plan in den USA. Wir können jetzt sowohl an Patientendaten von Humana als auch in von Boehringer Ingelheim lizenzierten Datenbanken arbeiten, ohne dass dabei der Datenschutz verletzt wird. Das vergrößert die Datenbasis, hilft bei der Suche nach passenden Patientenuntergruppen und ermöglicht eine enge partnerschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen von evidenzbasierter Medizin.
Das Pharmaunternehmen im Alleingang ist also ein Auslaufmodell?
PROF. BARTELS Ich würde es lieber so formulieren: Alleingänge sind generell nicht mehr zielführend. Weder Pharmaunternehmen noch Krankenversicherungen, Apotheker, IT-Anbieter oder Patientenorganisationen können alleine die Gesundheit der Menschen verbessern und Fortschritt erzielen. Das geht nur gemeinsam, in einer vertrauensvollen und langfristigen partnerschaftlichen Zusammenarbeit.